Erstens kommt es immer anders und zweitens als man denkt. Drittens hat man doch tatsächlich Besseres zu tun oder ist eventuell einfach nur zu faul dafür…
Aber eins nach dem anderen.
Ein lieber Gruß an Alle, die sich doch tatsächlich die Geschichten um Mein Selbst zu Gemüte führen wollen und an all diejenigen, die aus reinem Versehen hier gelandet sind, ebenso an solche, welche aus purer Verzweiflung, im ganzen Internet nichts Besseres gefunden zu haben, zumindest bis hierher gelesen haben- auch Ihr sollt gegrüßt sein! Höflichkeit ist schließlich überall angebracht. Man sieht sich ja immer zweimal im Leben.
Wie ihr eventuell wisst, hat es mich in einen fernen Landstrich verschlagen, welcher – vom Linksverkehr, der Unwilligkeit Fremdsprachen zu erlernen und dem angrenzenden Meer einmal abgesehen – meiner Heimat ehrlich gesagt nicht allzu unähnlich ist. Ja, ich bin gut in Schottland angekommen! In nunmehr fast drei Wochen habe ich durchaus viel erlebt aber der Plan, dem Rest der Welt die Möglichkeit zu geben, mein Leben über den Umweg über meine Sinnesorgane, durch mein Hirn und meine Finger zu verfolgen, ließ sich leider bislang nicht zufriedenstellend realisieren. Daher nun folgende Erklärung:
Ich werde in den folgenden Tagen (evtl. auch Wochen) das Geschehene aufarbeiten und mich langsamen aber steten Tippens von den Nebeln der Vergangenheit in Richtung Gegenwart aufmachen, um von dort aus mit euch gemeinsam in die Zukunft zu schreiten, welche mir derzeit noch für knapp neun Monate ein hoffentlich aufregendes Leben in dem Land verspricht, in dem gar nicht so viele Menschen rothaarig sind, wie ich bisher vermutet hatte.
Zu Beginn eine Passage, welche noch auf die Zeit in Deutschland datiert.
Heißgeliebte Heimat, warum willst du mich verbrennen?
Es ist 11:56 Uhr am 26.07.2012, ich sitze im Zug in Richtung Neuscht und frage mich, ob es wirklich rechtens gewesen sei, den Sommer, der bisher so schön kühl gewesen ist, zu triezen und anzusticheln. Jetzt haben wir den Salat. Weit über 30°C und kein Ende in Sicht – außer vielleicht ein paar Hitzegewitterchen. Ein kleines mieses Lächeln macht sich da auf meinem Gesicht breit. Nicht wirklich fies – eher verschmitzt. Denn nicht allzu lange mehr werde ich diese Temperaturen erdulden müssen. In etwas weniger als einem Monat darf ich Schottland meine neue Heimat nennen.
Gemessen an den Anstrengungen, die es braucht, all das vorzubereiten und in die Wege zu leiten, was den Sprung über den Channel zu einem unbedarft anzugehenden Anliegen macht, müsste ich eigentlich schon halb drüben sein. Einige Ausschnitte dieser Odyssee möchte ich hier breittreten:
Die Bewerbung
Jeder, der schon einmal irgendetwas mit dem PAD, dem Pädagogischen Auslandsdienst, zu tun hatte, wird wissen, dass es gelinde gesagt ein ganz schönes Gwerch ist, sich überhaupt für eines der angebotenen Programme zu bewerben. Ich kannte den PAD nicht und wusste demnach nicht, auf was ich mich da einließ. Der Übersichtlichkeit halber zähle ich im Folgenden nur die einzureichenden Dokumente auf und überlasse es eurer Imagination, euch die damit verbundene Arbeit vorzustellen. Als da wären: Ein 5-seitiger Bewerbungsbogen in 4-facher Ausfertigung (mit Passbild), ein Empfehlungsschreiben eines Professeros/einer Professorin meiner Studienrichtung, welches die erwähnenswerten Eckpunkte meiner Persönlichkeit umfasst, ein ausformulierter Lebenslauf (mind. 2 Seiten) in Deutsch und Englisch, ein ebenso zweiseitiges Motivationsschreiben (Warum will ich an dem Programm teilnehmen, warum will ich überhaupt unbedingt nach Schottland? Welche Erwartungen knüpfe ich an das Ganze? …) in bilingualer Ausführung, eine lückenlose und beglaubigte Auflistung aller meiner erbrachten Studienleistungen, ein Attest einer Arztes, in welchem die Unbedenklichkeit bezüglich meiner körperlichen und geistigen Verfassung bestätigt wird, und zu guter Letzt das gute alte Polizeiliche Führungszeugnis, welches als Grundvoraussetzung gilt, um mit im Vereinigten Königreich mit Kindern arbeiten zu dürfen.
Wie mich Berichte von Vorgängern erahnen lassen, sollen dies allerdings noch bei weitem nicht alle Hürden gewesen sein, welchen ich begegnen soll. Bürokratie wird auf der Insel Groß geschrieben! (Das ist orthographisch gesehen zwar Quatsch, solange das Wort nicht am Satzanfang steht, soll hier aber auch nur der Dramatisierung dienen.)
Das Auto
Neun Monate Schottland – eine ganze Schwangerschaft quasi! Wie soll ich das aus einem Koffer mit einem durchschnittlichen Inhalt von ca. 25 kg bestreiten? Allein meine Instrumente, welche schon vehement ihr dringendes Interesse bekundet haben, mich auf dieser nicht mehr nur als Reise zu bezeichnenden Unternehmung begleiten zu wollen, machten dem Plan, in meine Wahlheimat mit dem Flugzeug aufzubrechen, den Gar aus. Ein fahrbarer Untersatz ist das Mittel der Wahl! Ein privater noch dazu – wäre das nicht schön, die schottischen Highlands auf eigenen 4 Rädern zu durchstreifen? Ein Glück bin ich mit einer famosen Ideenfabrik in meinem Oberstübchen gesegnet und hatte mir alsbald den Plan ersonnen, ein rechtsgelenktes Fahrzeug zu meinem ständigen Begleiter zu machen, welches ich in Deutschland erwürbe, da hier der entsprechende Markt nicht unbedingt zu stark zu sein scheint. Guter Plan. Umsetzung: Ich kaufte mir einen schönen Ford Focus C-Max mit weit unter 100.000 km und dem Baujahr 2005. Der Preis hätte besser nicht sein können. Klingt fast gut, lässt man da die kleinen Details wie den über die Maße unerträglichen Hundegestank im gesamten Innenraum sowie den Ölverbrauch von einem Liter auf 200km außer Acht.
Ich fuhr daher das Fahrzeug schnellstmöglich wieder die 400km (= 2 Liter Öl) zu dem glücklicherweise verhälnismäßig verständnisvollen Händler in Rosenheim zurück und begann die Suche aufs Neue. Diesmal waren auch die Linkslenker mit von Interesse für mich…